Hausandacht zum Karfreitag

Vorbetrachtung

Liebe Brüder und Schwestern in den Kirchengemeinden,

es ist still um uns her. Karfreitag daheim. Die besinnliche Andacht in der Kirche oder im Gemeinderaum, die Verhüllung des Kreuzes, dieser bewegende Moment in ergreifender Stille, das erleben wir in diesem Jahr nicht gemeinsam. Und doch. Gemeinsam an je unterschiedlichen Orten betrachten wir das Kreuz. Wir schweigen. Wir fühlen die Schwere des Lebens wie ein Kreuz auf unserer Schulter. Wir suchen nach der Hoffnung. Gott wird sie uns schenken.

Richten sie sich den Ort, an dem Sie sitzen, nun schön ein. Räumen sie alles, was sie unnötig ablenkt beiseite. Wenn möglich, entzünden Sie eine Kerze. Oder sie haben ein Kreuz vor sich stehen oder in der Hand. Legen Sie sich, wenn möglich eine kleine Decke oder ein Tuch bereit, dass nachher zum abdecken des Kreuzes verwendet werden kann. Lassen sie sich Zeit. In Ruhe kommen sie bei Gott an, im Gebet, im Hören auf sein Wort. Der dreieinige Gott, Vater Sohn und Heiliger Geist, sei mit uns in diesem Moment und in Ewigkeit. Amen

Gebet

Barmherziger Gott, sei in diesem Augenblick bei mir. Ich denke an das Leiden deines Sohnes. Ich denke an das Leiden und alle Verzweiflung, die deine gute Schöpfung immer wieder überfallen. Ich fühle mich in allem Schmerz und aller Sehnsucht ganz mit deinen leidenden Kindern in der Welt verbunden. Halte uns. Mache unseren Glauben stark. Lass das Dunkel niemals die Übermacht gewinnen. Amen.

Impuls

Es ist still um uns her. So ist es. Der Karfreitag ist ein stiller Tag. Das ist auch außerhalb einer Pandemie der Fall. Das ist sogar Tradition. In diesem Jahr werden die Karfreitage der Vorjahre also lediglich dadurch übertroffen, dass es niemanden gibt, der den „Feiertag“ gern für eine große Party, ein Tanzfest oder eine Vereinsveranstaltung nutzen möchte. Es ist für alle still dieses Jahr. Der Klang der Stille lässt uns, wenn wir seiner gewahr werden, einen Schauer über den Rücken wandern. Es ist still.  Kommt der Karfreitag in diesem Jahr mal richtig zur Geltung? Ist das irgendwie vielleicht sogar gut?

Leider hat uns die Pandemie schon ein ganzes Jahr viel Stille gebracht, sodass man es regelrecht satt hat. Viele Geschäfte sind schon lange geschlossen. Manche machen nie mehr auf. Getanzt wurde auch schon geraume Zeit nicht mehr richtig. Und im Verein würde man sich so gern mal wieder austauschen oder eine Veranstaltung planen, in der Kirchengemeinde ja auch. Und wie schön wäre ein Familienfest oder eine große Party mit den Freunden? Wir sehnen uns nach dem Ende der Stille. Wir sehnen uns nach dem Leben, nach Auferstehung, nach Ostern.

Bild: Verhülltes Kreuz, Kunstinstallation von Karo Kollwitz und Daniel Guischard in der katholischen Kirche St- Elisabeth in Gera

 

Dieser Karfreitag ist für mich wie ein Denkmal. Ein schwerer Klotz, der die Erfahrungen der letzten Monate verdichtet und einen Eindruck vermittelt, von Lähmung und Ratlosigkeit. Und dieses Denkmal, dieser Karfreitag wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben, Karfreitag 2021.

Ich schaue auf das Kreuz. Auch ein Denkmal, das sich in die Erinnerung der ganzen Menschheit eingebrannt hat und das alle Zeiten überdauert.

Das Kreuz ist ein Rätsel. Seine Wahrheit ist verborgen, wie hinter diesem verhüllten Kruzifix. Es wurde unkenntlich gemacht. Was geschieht da? Warum leidet einer wie Jesus so sehr? Warum ruft so ein Mensch: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Ist es Gottes Denkmal für uns, das uns daran erinnern soll, dass Gott kein fernes Wesen ist? Dass Gott auch im abgrundtiefen Leiden mit uns aushält und dass er sogar duldet, wenn wir uns von ihm abwenden oder wir ihn nicht mehr erkennen? Jesus von Nazareth, der Christus, dieser gütige Mensch, dieser Sohn Gottes, Erlöser der Welt, wie es heißt, er starb an diesem Kreuz. Was ist mein Kreuz, das ich tragen muss? Ich bin nicht allein, er hat so viel getragen. Er weiß, wie es ist. Er kann mich auffangen. Er versteht mich. Er ist mir im Verborgenen nah.

Lesung: Johannes 19,1-5;16-30

Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln. 2 Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurgewand an 3 und traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden!, und schlugen ihm ins Gesicht. 4 Und Pilatus ging wieder hinaus und sprach zu ihnen: Seht, ich führe ihn heraus zu euch, damit ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde. 5 Da kam Jesus heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand. Und Pilatus spricht zu ihnen: Sehet, welch ein Mensch! […]

Da überantwortete er ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.

Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Ps 22,19): »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten. Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund. Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.

Stille

Halten sie nun einen Moment der Stille. Spüren sie dem Schweren nach, das sie niederdrückt. Sehen sie auf den Gekreuzigten. Gott ist bei ihnen. Wenn es ihnen möglich ist, verdecken sie ihr zurechtgestelltes Kreuz.

Vater unser

Mit dem Gebet Jesu Christi wappnen wir uns für diesen Tag des Kreuzes und werden offen für den Klang der Stille.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen

So segne und behüte uns Gott der Allmächtige und Barmherzige. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen

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