Bau und Renovierung der St. Georg Kirche in Großneuhausen

Mit der Frankenzeit wird das Christentum zur Religion der Germanen. Anfänglich war nur die Oberschicht Anhänger dieses Glaubens, aber mit der Missionsarbeit des Bonifacius und seiner Schüler Wigbert, Kilian und Willibrot wurden auch die niederen Volksschichten christianisiert. Diese Missionare hinterließen in Großmonra (Monhore) und Kölleda (Collidi) frühe Spuren. Unser Dorf war auch ein frühes Wehrdorf der Franken, neben den Altdörfern der Thüringer (Althausen, Bisdorf, Monhore…). Die Franken waren schon nach 486 n.Chr., zur Zeit Chlodwigs zum Christentum konferiert, und zur Zeit Chlotars war es schon Staatsreligion.

Die Franken bauten nach 531 garantiert schon ein Gotteshaus in ihr neues Wehrdorf. Jede Grundherrschaft besaß im Mittelalter eine eigene Kirche mit einem Seelsorger. Bis 1730 waren zwei Kirchenstandorte in unserem Dorf mit einer Kirche bekannt, da es mehrere Grundherrschaften in unserem Ort gab. Das Gasthaus „Goldener Strauß“ (Querstraße 138 – heute Fam. Klaus Kotzott) war bis 1730 eine Kirche neben der heutigen Kirche Die Kirche nahe dem Schloß war um 1700 schon sehr marode. Die Kirche nahe der Litpftitze war vom Turm her wohl stabiler. Diese alte Kirche war etwa halb so groß wie die heutige und im Baustil der frühen Wehrkirchen. Die Grafen von Werthem Beichlingen hatten 1706 ein neues Schloß in unserem Ort errichten lassen. Sie waren nicht nur Grundherr, sondern auch Kaiserliche Erbkammertürhüter und öfter im diplomatischen Diensten Sachsens, Preußens und Kammerherren in Weimar. Diese Ämter verlangten neben dem repräsentativen Schloß auch eine herrschaftliche Kirche. Darum mußte eine der Kirchen im Ort von einer bäuerlichen Dorfkirche zu einer Schloßkirche umgestaltet werden. Als Kirchenpatron und Grundherr wurde durch den Grafen Georg die Kirche im Nordwesten des Ortes, für den Umbau bestimmt.

Diese neue Kirche im Barock- Rokokostil wurde ein Kleinod der Kirchenbaukunst und wurde einmal zu den schönsten Thüringer Kirchen gezählt. Der Schloßbaumeister Richter (Belvedere Weimar) und seine Künstlerfamilie bekamen den Auftrag zur Bauplanung.

Der Großneuhausener Chronist Franz Kluge berichtet u.a. zur Baugeschichte: Am 24.September 1727 wurde dem Zimmermeister Kimmling aus Schloßbeichlingen der Neubau der Hiesigen Kirche übertragen. Zum 26.Oktober wurde zum ersten Mal nach Amstadt in das Langholz gefahren. Am 15. März 1728 begann man mit dem Abriss der alten Kirche. Am 4.April 1728 wurde nach der Abschiedspredigt das Kirchenschiff endgültig ausgeräumt und im Reithaus auf dem Schloß ein Provisorium für die Gottesdienste in der Bauzeit der neuen Kirche geschaffen. Am Tage des Kirchweihfestes der alten Kirche, dem 26.April 1728, wurde der Grundstein für die neue Kirche in einer Festfeier gelegt. Wann die alte Kirche entstand und zu welcher Grundherrschaft sie gehörte ist leider unbekannt. 2008 wurden bei der Suche, nach dem Zugang zur Gruft, Grundmauern des alten Kirchenschiffes freigelegt. Die alte Kirche war rund 4m schmaler und endete früher mit der ersten Bankreihe. Der Turm war im Mauerwerk 4m niedriger. Die Form der Kirchenspitze ist auch unbekannt. Wir nehmen an, dass es eine typische Wehrkirche mit Satteldach auf Turm und Schiff war.

Bereits am 7. September 1728 waren die Kirchenmauem fertig. In vier Tagen richteten die Zimmerleute den Dachstuhl. Aus heutiger Sicht eine unglaubliche Leistung. Am 12. September, am Tag des Erntedankfestes, konnte schon das Richtfest stattfinden. Unterhalb des neuen Altarraumes war auch eine Grablege (Gruft) der Grafen und Barone von Werthem Beichlingen erbaut wurden.

Am 25. Oktober begann das richten des Turmes, welches am 6. November beendet werden konnte. Hierbei wurde das alte Turmmauerwerk um 4m erhöht und die Turmdachgestaltung mit einer barocken Zwiebel verändert. Dann ruhte der Bau um auszuwintern.

Am 14. April 1729 wurde der Knopf mit der Wetterfahne gesetzt. Für den 8. Mai wurde der Einbau der Kirchturmuhr vermerkt und mit dem 29. Mai 1729 das Ende des Schieferdeckens durch den Schieferdeckmeister Frech aus Kölleda. Am 26. Oktober wurde der Altar in Kötzschlitz (Kötzlitz oder Kötzschau bei Bad Dürrenberg) geholt. Die Bildschnitzerarbeiten wurden gleichzeitig von einem Buttstädter Bildschnitzer abgeholt. Der Hoforgelbaumeister Thielemann aus Gotha entwarf die neue Orgel und der Kölledaer Geselle Friedrich Damm erbaute sie als sein Meisterstück.

Am 18. September 1730 konnte der Jenaer Johann Nikolaus Bach die Orgel abnehmen. Auch die Stuckateure und Maler (Gebrüder Johann und Friedrich Pressler) aus Sömmerda, Christian Richter III aus Weimar schlossen ihre Arbeit ab. So konnte am 21. November 1729 die feierliche Einweihung der Kirche erfolgen. Dies nutzten acht junge Großneuhausener Einwohner, um sich trauen zu lassen.

Die Kirche trocknete nun wohl ein Jahr aus. Erst am 20. Dezember 1729 wurden die „Männer-und Weiberstühle“ verlost und 1731 die Bemalung vollendet. Die Kirche wurde im Herbst 1730 zum Kirchweihfest wieder der zeremoniellen Bestimmung übergeben, und im Juni 1732 im Grabgewölbe, unter der Kirche, ein Söhnchen der gräflich- werthernschen Familie beigesetzt. Somit war die Georgenkirche erstellt und diente dem Volk, aber auch der gräflichen Familie als Ort der Andacht. 4866 Taler mußten aufgebracht werden. Handwerker und Künstler aus dem Umland schufen eine wunderschöne Kirche im französischem Herrschaftsstil.

1736 setzte man schließlich die neuen Pfeiler am Kirchentor, nachdem vorher die Kirchhofmauer aus den Steinen des Schafstores erbaut wurden war. 1751 wurde noch die Mädchenschule( Fachwerkhaus) bei der Kirche errichtet und somit das Ensemble, wie wir es heute sehen, komplettiert.

Erst um die Jahrhundertwende waren wieder Renovierungsarbeiten am Kirchenbauwerk notwendig. 1893 wurde eine umfangreiche Renovierung der Kirche vorgenommen. Dabei wurde die gesamte farbliche Fassung in „lebenden Farben“ vollzogen. War die ursprüngliche Farbfassung im strengen Rokoko, d. h. in weiß mit Pastelltönen und viel Plattgold, so werden jetzt die Blumenranken in grün, rot, gelb wie in der Natur dargestellt. Auch die Orgel wurde umgebaut. Hierbei wurden Teile von zwei anderen alten Orgeln, vom Orgelbauer, eingebaut. Der Restaurator der Orgel stellte um 2000 fest, dass damals drei verschiedene Orgelbauwerke miteinander verflochten wurden. Im Ersten Weltkrieg wurden auch die original Schaupfeifen des Orgelprospektes für Kriegszwecke ausgebaut und um 1920 durch einfache stumme Schaupfeifen aus Dachrinnenblech ersetzt.

Seit dem I. Weltkrieg konnten keine umfangreichen Baumaßnahmen durchgeführt werden.

Der Zahn der Zeit nagte jedoch. Glücklicherweise haben viele Bürger zwischen 1960 und 1975 mit dem damaligen Pfarrer zu retten versucht was möglich war. Eine Dachreparatur mit Preolitschindeln hat uns die Kirche in ihrer Substanz erhalten. Das Geld hierzu kam von der Gräfin Elisabeth von Werthem aus Bonn . Sie hatte über die Ständige Vertretung der BRD in Ostberlin 5000 Westmark nach Großneuhausen „ geschmuggelt“ . Diese konnten 1 zu 7 in Weimar die den Vietnamesen getauscht werden. Mit nun 35000 Ostmark konnten Bretter und Dachbelag gekauft werden. Mit der politischen Wende und der Einheit unseres Vaterlandes konnten nun neue Wege in der Sanierung gegangen werden. Eine engagierte Architektin aus Weimar (Frau Sylvia Kaleta) und ein neuer Pfarrer (Hartmut Lösch) übernahmen die Planung. Bis 1997 gelang es , besonders durch das Bemühen des Kirchenältesten Herrn Helmut Güttel und des Pfarrers, die Mittel von 1 Millionen DM zu organisieren, um das Mauerwerk durch einen Ringanker zu sichern, den Dachstuhl zu sanieren und eine neue Schiefereindeckung des Kirchenschiffes zu ermöglichen.

Durch Gottes Fügung konnten die Initiativen des Clubs „Old Tablers Deutschland“, im besonderen in Person von Herrn Dr. Christian Weizmann, nach Großneuhausen gelenkt werden. Am 9. Mai 1998 gründete sich das Kuratorium St. Georgenkirche Großneuhausen.Zu ihm gehören Mitglieder des Kirchen- und Gemeinderates, Mitstreiter der Old Tablers von Heidelberg bis St. Louis, Missouri sowie Abgeordnete politischer Parteien von Kreistag,

Landtag und Bundestag, Mitglieder der gräflichen Familie von Werthern, Professoren, Rechtsanwälte und Historiker. Kuratoriumsmitglieder und Kunstfreunde helfen nun, Wege und Mittel zu finden, daß bis zum Jahre 2004 die Georgenkirche wieder in altem Glanz erstrahlt. Die Stiftung Deutscher Denkmalschutz Bonn half uns bei vielen Projekten. Das Kuratorium hat sich jedoch auch vorgenommen, die Außenanlage wieder historisch und optisch aufzuwerten, um auch den Kirchhof zu einem Ort der Beschaulichkeit und der Andacht werden zu lassen, denn im Bereich zwischen Friedhofstor und Kirche haben verschiedene Personen ihre letzte Ruhestätte gefunden, die historisch und kulturgeschichtlich von Interesse sind. Zu ihnen gehören Sylvie Köthe, geh. Freiin von Ziegesar, Mitglied der gräflichen Familie von Werthern und Wedel sowie der Sachsen- weimar- eisenachische Landtagsabgeordnete und Demokrat August Pietzei.

1998 konnte durch eine großzügige Spende von Fujitsu Sömmerda ein Teil der Kirchenbänke vom Altanstrich freigelegt und vier Bankmalereien aus der Leidensgeschichte Jesus wieder entdeckt werden. Das 1997 neu ausgeschlagene Tonnengewölbe wurde wieder mit Stuck versehen, wobei die alten außerordentlich selten zu finden indianischen Motive 1999 wieder angebracht wurden. Die Weimarer Stuckateure Fa. Rietschel leisteten hervorragende Arbeit. Die Sakristei konnte 1998 neu geputzt werden. Gleiches erfolgte noch mit den Innenwänden bis zur 1. Empore. Alle Wege im Kirchhof konnten mit Aufarbeiten von Altpflaster, neu verlegt werden. Die Friedhofsmauer wurde 1997/98 gesichert, neu verfugt und abgedeckt. Ebenso erfolgten Arbeiten am gesamten Vorplatz und Dorfteich, den ein neuer Brunnen mit Frischwasser versorgt.

Bei den Arbeiten gab es 1998 auch einige Überraschungen. Im Gehwegbereich vor der Kirche wurde eine alte herrschaftliche Grablage mit Grabstein (vermutlich von Grassenburg) gefunden. Ferner kamen bei der Restaurierung der Kirchenbänke bildliche Darstellungen mit einer Tauf- und Kreuzigungsszene sowie Namen von Bankinhaberinnen zum Vorschein (Weiberstühle).

Im Jahre 1999 wurde die Orgel mit 1200 Pfeifen von der Saalfelder Firma Rösel & Hercher restauriert. Bis 2006 erfolgte die Erneuerung des Altars und der Emporen sowie der südlichen Patronatsloge. Auch hier halfen die Old Tabler und die Familie Joachim Thiele aus Sömmerda im besonderen Maß.

2005-2008 wurde der Kirchturm für mehr als 70000 Euro im Dachbereich restauriert. Die Erneuerung des Außenputzes erfolgte schon 1992/93 und wurde von den Gemeinderäten der weltlichen Gemeinde bezahlt: Sie verzichteten vier Jahre auf ihre Diäten zugunsten der Kirche und eines Spielplatzes. 2008/09 wird der Fußboden aus Tonklinkern aufgenommen, nach geschliffen und neu verlegt. Dabei war die Gruft geöffnet wurden. Leider sind keine barocken Metallsärge vorgefunden wurden. Die beigesetzten Persönlichkeiten der gräflichen Familie wurden wahrscheinlich nur in Tüchern in die Gruft gelegt. Es wurden nur mehrere Schädel, große Röhrenknochen und erdige Reste gefunden.