Ein Auszug

Gott sei Dank, der Orkan vom Wochenende hat, anders als in Stotternheim und in Worbis, die Barockkirche Großneuhausen im Landkreis Sömmerda verschont. Das bereits vorzeigenswerte Ergebnis jahrelanger, wenngleich noch nicht vollendeter Arbeit zur Wiederherstellung kann so seiner Vollendung vor allem im Inneren entgegensehen.

Vorausgesetzt freilich, das notwendige Geld kommt zusammen. Doch Bürgermeister Günther Kilian ist optimistisch. Nicht allein, dass die Gemeinderäte mit gutem Beispiel vorangingen und zu Gunsten der Baukasse für zwei Jahre auf ihre Diäten verzichteten. Auch die meisten der gegenwärtig nur noch 830 Einwohner machen seit Jahren ihr Portmonee auf, wenn es heißt, die Kirche, in deren Sanierung bisher schon rund 1,4 Millionen Euro geflossen sind, braucht Geld. Einem 1998 gegründeten Kuratorium gehören derzeit 28 Mitglieder, darunter einige Prominente, an. Wie die sich in Großneuhausen engagierende Deutsche Stiftung Denkmalschutz will auch dieses Kuratorium alle Möglichkeiten zur vollständigen Wiederherstellung der Kirche erschließen. Das muss schon etwas Besonderes sein, dem so viel Engagement zuströmt.

Das erste Holz für die neue Kirche, darunter Eiche für den Turm, wurde am 26. Oktober 1727 von Arnstadt nach Großneuhausen gebracht. Im Frühjahr darauf, so die Ortschronik, ging es mit dem Abbruch des alten Bauwerks los, bereits am 26. April traf man sich zur Grundsteinlegung: „. . . alles Volk ging auf den Kirchhof zu Paaren. Die Schulmädchen alle mit aufgesteckten Kränzen von Blumen. Auf dem Kirchhof wurde wieder ein Sermon gemacht, dabei Musik, Trompeten und Pauken.“ Das Richtfest folgte im Herbst 1728 und ein Jahr darauf, am 21. November 1729, wurde das neue Gotteshaus geweiht und gleich zu vier Trauungen genutzt.

Danach, so hielt der Chronist für die staunende Nachwelt fest, „wurde die Kirche wieder verschlossen, bis sie ausgetrocknet war“. Unter Einbeziehung des spätmittelalterlichen Westturmes des Vorgängerbaus (jetzt mit Zwiebelhaube) war eine schiefergedeckte Saalkirche mit rundem Ostabschluss entstanden, deren Inneres ungewöhnlich reich ausgestattet ist. Die über breiter und hoher Rundung abgeflachte Decke des Gotteshauses schmückt eine Stuckornamentik. Diese war durch Schwammbefall teils am Herunterbrechen, wurde während der Sanierung des Dachstuhls komplett abgenommen und ist nun wieder dort wo sie hingehört, als sei nichts geschehen. Zweigeschossige Emporen mit Pilastern und Logen sowie stuckierte Brüstungsflächen strukturieren das Haus ebenso wie eine als Balustrade ausgeformte Altar-Schranke, die den Chorraum abtrennt. Eine Monogrammkartusche an separierten Logen mit eigenen Zugängen und Stuckdecken erinnert zusammen mit einem Wappen an Kirchenpatron Georg von Werthern (1700-1768).

Auch der dreiachsige Kanzelaltar mit Bildschnitzereien aus einer Buttstädter Werkstatt ist ungewöhnlich. Der krönende Heiland mit Strahlenkranz konnte dank der 6000-US-$-Spende eines Deutsch-Amerikaners restauriert werden. Als die von dem Weimarer Architekten Johann Adolph Richter (1682-1768) geschaffene Kirche 1729 geweiht wurde, musste man noch ohne Orgel auskommen, obwohl sie bereits im Bau war. Richter hatte verwandtschaftliche Beziehungen zum Organisten und Instrumentenmacher Johann Nicolaus Bach (1669-1753), einem Großcousin von J. S. Bach. Dieser begleitete das Entstehen der Orgel als Gutachter. Am 19. September 1730 bestätigt er Orgelbauer Christoph Thielemann aus Gotha gute Arbeit. Nach Prüfung habe er um „die Wahrheit zu gestehen, was das Eingebaude, Regirung, Pfiffwerck und anderes Zugehöre anlanget, richtig und fleisig gearbeitet erfunden, was auch über dieses und zuförderst den Klang betrifft, recht wohl angetroffen“. Die 525 Taler, 4 Meter Holz und aus jeder Schenke eine halbe Tonne Bier waren gut angelegt. Wie vieles in der Kirche war die Orgel vom Verfall des vorigen Jahrhunderts nicht ausgenommen. Seit September 2001 aber erklingt sie wieder.

Anderes harrt der Restaurierung.

Wer helfen möchte:
Kirchengemeinde Großneuhausen
IBAN: DE 88 8205 1000 0600 0260 00
BIC:    HELADEFWEM
Sparkasse Mittelthüringen
Verwendungdszweck: „Sanierung Kirche“
Heinz STADE, 30.10.2002
Quelle, Thüringer Allgemeine